Die Vorbereitung

Bevor den Kindern einen Erzähltisch angeboten werden kann, muss eine Erzieherin ein paar Dinge gut überlegen und sich vorbereiten.

Das  richtige Bilderbuch wählen
Man kann sich bei der Auswahl des Bilderbuches nach verschiedenen Kriterien richten.
Bei der Auswahl nach Inhalt achtet man auf das Thema und die Intention, die das Buch vermittelt (Riehemann, 2006).Die Geschichte soll interessant und  lebendig sein und einen grossen Alltagsbezug haben (Trobach-Neuner, 1997) Die Erzieherin entscheidet anhand des Inhaltes des Bilderbuches welches Ziel sie mit dem Erzähltisch erreichen möchte. Dies können sowohl Ziele auf individuelle Ebene als auf Gruppenebene sein.
Die Erzieherin soll gut  überlegen was der aktuelle Entwicklungsstand der Kinder ist. Dabei ist es wichtig das Alter der Kinder, ihre bisherige Erfahrungen und ihre Sprachlernmotivation zu beobachten. Mit Rücksicht auf eventuelle sprachlichen Defizite, kann ein Bilderbuchtext vereinfacht werden. Die  Kernwörter sollen im Vordergrund stehen und nicht in einem komplexen Text untergehen. Deswegen werden Pronomen, Vergangenheit, Nebensätze und Fremdwörter gegen Nomen, Gegenwart, Hauptsätze und bekannte Wörter ausgetauscht. Aber der Text muss nicht nur abgeändert werden, es müssen auch Textpassagen gestrichen und bestehende Passagen erweitert werden, sodass alle geplanten Kernwörter im Bilderbuchtext vorkommen.
Die Illustrationen müssen gross und übersichtlich genug sein, damit sie sowohl in einer kleinen als auch in einer grossen Gruppe eingesetzt werden können. Der Umfang der Geschicht ist auch von entscheidender Rolle. Zum nachspielen am Erzähltisch, darf die Geschichte nicht zu lang sein.
Es ist auch hilfreich, wenn das Bilderbuch eine deutliche Struktur hat: das bedeutet, dass in der Geschichte einen deutlichen Anfang, Verlauf und  Ende zu erkennen ist, oder ein immer wiederkehrendes Problem, das letztendlich gelöst wird. Das bedeutet auch, das Sachbücher, die den Kindern Informationen verschaffen wollen, nicht geeignet sind für einen Erzähltisch. Natürlich können solche Bücher sinnvoll sein, um den Inhalt oder die Kernwörter aus einer Geschichte zu verbildlichen oder inhaltlich zu vertiefen.                                                                       Wiederholungen von Wörtern, Sätzen, Aussagen oder Ereignissen, schaffen einen hohen Wiedererkennungswert und gelten als wichtiger Impuls, die Aufmerksamkeit der Kinder zu fördern.  Ausserdem erleichtern sie die Speicherung und Verarbeitung des Textes. Die Kernwörter können häufiger angeboten werden und leichter von den Kindern wahrgenommen, erfasst und gespeichert werden. Unterstützt man dies noch durch Wortspinnen, Wortkarten und Verarbeitungsaktivitäten, findet zugleich Litaracy-Förderung statt und werden die Kernwörter in vielfältigen Zusammenhängen und Kontexten präsentiert und verwendet.
Wenn das Buch die Kinder zum aktiven Mitmachen einlädt oder den Kindern Möglichkeiten bietet, Vorhersagungen zu treffen, ist das Buch sehr geeignet für den Erzähltisch.   Das Bilderbuch soll deutliche Personagen haben und die Handlungen der Personagen sollen einfach sein.
Die Szenen der Geschichte sollten sich möglichst nicht an vielen verschiedenen Orten stattfinden, da es dann zu kompliziert wird, die Geschichte am Erzähltisch nachzuspielen. Die Szenen sollten für die Kinder ansprechend sein, müssen sich aber nicht zwangläufig auf die direkte Welt der Kinder beziehen. (Ritter, Indianer) Wichtig ist es, vorab zu überlegen, welche Bedeutung die Wörter und Handlungen der Geschichte für die Kinder haben  und inwiefern sie anschliessen an die Erlebniswelt und das Sprachentwicklungsniveau der Kinder.
Um heraus zu finden ob ein Bilderbuch geeignet ist für den Erzähltisch, sollte eine Erzieherin die Geschichte vorab öfter für sich lesen. Nur so kann man herausfinden was der Autor mit seiner Geschichte vermitteln möchte. Dann erfährt  man, wo beim Spiel am Erzähltisch Akzente gelegt werden müssen.

Kernwörter selektieren
Die Erzieherin selektiert einfache und schwierige Wörter aus der Geschichte die sgn. Kernwörter . So gelingt es, den Wortschatz in einen situativen Kontext  zu bringen und einen handelnden Umgang am Erzähltisch zu ermöglichen.  Bei der Auswahl ist es wichtig, der (Sprach-)Entwicklungsstand der Kinder zu berücksichtigen.                                       
Kernwörter sind  Wörter mit dessen eine Erzieherin den aktiven Wortschatz der Kinder erweitern möchte. Sie möchte also, dass die Kinder ihrer Gruppe nachdem sie einige Wochen mit dem Erzähltisch gearbeitet haben, die Bedeutung dieser Wörter kennen und sie im Sprachgebrauch verwenden.  Es ist wichtig, dass alle Wortarten, d.h. Nomen, Verben, Adjektive und Präpositionen  vorkommen . Speziell bei Nomen muss darauf geachtet werden, dass das Substantiv stets zusammen mit dem Genus angeboten wird. (Kauschke/Siegmüller, 2006)  Mit Umschreibungen und Definitionen werden den Kindern mehrere zusätzliche Informationen zu den  Kernwörtern mitgeliefert und damit eine leichtere Abspeicherung ermöglicht.
Kernwörter sind die Wörter, die wichtig sind um den Inhalt einer  Geschichte verstehen zu können. Schwierige Kernwörter sind die Wörter die eine Erzieherin anbieten möchten, weil sie zum Textverständnis unentbehrlich sind oder weil sie das Thema erweitern. Es wird von den Kindern nicht erwartet, dass sie schwierige Kernwörter nach Abschluss der Erzähltischarbeit aktiv beherschen und verwenden.
Um die richtige Kernwörter zu selektieren, kann es hilfreich sein, die Technik  „Bilderbuch filmen“ anzuwenden. Dabei blättert man durch das Buch ohne den Text zu beachten und entscheidet ob man so den „roten Faden“ der Geschichte entdecken kann. Die Illustrationen sollen den Verlauf der Geschichte also darstellen können. So „liest“ man ein Bilderbuch mit Kinderaugen und kann man auch leichter entdecken, welche Begriffe und Wörter wirklich wichtig sind um den Inhalt der Geschichte verstehen zu können. Das bietet dann Anhaltspunkte für die Kernwörter und den Erzähltisch.  Wenn  beim „filmen“ der roten Faden nicht entdeckt werden  kann,  ist das Bilderbuch für die Erzähltisch-Arbeit wahrscheinlich nicht so gut  geeignet.
Es kommt immer erst eine rezeptive Phase, in der die Kernwörter präsentiert werden, an die sich die produktive Phase anschliesst, in der die Kinder selbst mit den Kernwörtern sprachlich arbeiten (Kauschke/Siegmüller, 2006)                                                                   

Szenen selektieren und ausprobieren
Nachdem die Kernwörter selektiert wurden, ist es wichtig zu überlegen, welche Szenen und Handlungen zum nachspielen der Geschichte geeignet sind z.B. tanzen oder Fahrrad fahren, schwimmen oder durch den Wald rennen. Es kann sehr hilfreich sein, die Geschichte alleine, ohne Kinder nach zu spielen.Nur so entdeckt man vorab welche Möglichkeiten ein Erzähltisch bietet und welche Schwierigkeiten es beim nachspielen geben könnte. Beim ausprobieren kann es sein, dass man entdeckt, dass die Aufstellung der Tische nicht optimal ist, weil  die Kinder die Personagen zu oft von der einen in die andere Ecke transportieren müssen. Das könnte dazu führen, dass einige Kinder die Konzentration verlieren. Bei dieser „Probe“ kann man auch herausfinden, ob das Nachspielen der Geschichte deutlich genug ist für die Kinder. Kann man alles was erzählt wird gut zeigen? Die Handlungen die auf dem Erzähltisch ausgeführt werden, sollten nicht zu komplex sein; manchmal ist weniger einfach mehr, sicherlich für sprachschwächere Kinder.

Den Erzähltisch gestalten
Die Erzieherin plant die Organisation und den Aufbau des Erzähltisches. Sie versucht vorab einzuschätzen, wie viel Zeit ungefähr nötig sein wird um den Erzähltisch zu bauen und die dazugehörigen Gegenstände zu sammeln. Auch entscheidet sie, ob
die Kinder in der großen Gruppe oder in Kleingruppen an den Erzähltisch arbeiten werden. Um sprachentwicklungsverzögerten Kindern optimal fördern zu können, plant die Erzieherin vorab Momente ein, wo diese Kinder von ihr am Erzähltisch begeleitet werden (pre-teaching) und welche Aspekte sie mit diesen Kindern besonders erarbeiten möchte.

Gegenstände sammeln
Nachdem das Buch den Kindern mindestens zweimal vorgelesen wurde, fragt die Erzieherin den Kindern „Wenn wir zu diesem Bilderbuch einen Erzähltisch gestalten wollen, was brauchen wir dann?“.  Sie ermutigt den Kindern, Gegenstände, passend zu der Bilderbuchgeschichte zu sammeln . Es wird besprochen wer etwas mitbringen kann und dabei wird berücksichtigt, wie gross die Gegenstände sein dürfen und was die Kinder selber basteln können. Die Arbeit wird verteilt. Absprachen werden festgelegt. Für das Erstellen der Gegenstände und Hintergrundkulisse muss die Erzieherin einige Tage einplanen. Von manchen Bilderbuchpersonagen wie z.B. der Gruffalo sind kaufliche Exemplare im der Buchhandlung erhältlich als Kuscheltier oder Fingerpuppe. Sollte die Planung mit den Kindern in der grossen Gruppe nicht möglich sein, so kann es auch in Kleingruppen gemacht werden.
Natürliche Materialien geben dem Erzähltisch eine extra Dimension. Damit holt man sich die Welt von „draussen“ nach drinnen und bringt man den Erzähltisch zum ‚leben‘. Diese Materialien bieten oft auch noch zusätzliche Möglichkeiten zum fühlen oder riechen. Vor allem für die Kleinen unter 3 wichtige Sinneserfahrungen. Bei der Beschreibung der Erzähltische werden immer Vorschläge für natürliche Materialien gegeben. 
Der Erzähltisch muss die Geschichte vom Bilderbuch visualisieren für die Kinder und zum nachspielen der Geschichte einladen. Darum ist es wichtig bevor mit dem Spielen begonnen wird, gut zu überlegen wo der Erzähltisch im Gruppenraum hingestellt werden kann.  Dabei ist es besonders wichtig, dass genug Platz vorhanden ist und die Kinder um den Erzähltisch herum laufen können. Es ist auch attraktiv für die Kinder wenn der Erzähltisch unterschiedliche Höhen hat. Diese macht man z.B. mit Kartons worüber Tücher gelegt werden. So werden höhenunterschiede kreiert und die können die verschiedene Orte darstellen, wo die Geschichte sich abspielt. Tücher fügen einen spannenden Effekt hinzu und man kann sie am besten bis zum Boden hängen lassen. Das sieht ruhiger aus im Gruppenraum.

Gemeinsam basteln
Die Gegenstände und/oder die Hintergrundkulisse für den Erzähltisch werden mit den Kindern gemeinsam gesammelt oder gebastelt. Teile der Hintergrundkulissen können auch aus den Bilderbüchern kopiert werden. Finger- oder Stabpuppen lassen sich einfach herstellen. In dem man den Kindern eine vielfalt an Material zum basteln anbietet, wird die eigene Fantasie und Kreativität der Kinder besonders angeregt.  Dann ergibt sich automatisch die Möglichkeit feinmotorische Aktivitäten, Handlungsplanung usw. mit Sprachförderung zu verbinden. Während des gemeinsamen Bastelns werden Gespräche zwischen den Kindern untereinander und mit der Erzieherin nötig sein um den Erzähltisch gemeinsam gestalten zu können. Ausserdem können die Kinder sich im Vorfeld die Bilderbuchgeschichte während des bastelns bereits verinnerlichen.Über Elterninformationsbriefe können Eltern zur aktiven Mitgestaltung des Erzähltisches angeregt werden. Eine gute Gelegenheit um auch Väter mit in die Sprachförderung einzubeziehen: manchmal ist es erforderlich, dass handwerklich etwas erstellt werden muss.    
Der Erzähltisch ist zum spielen gedacht! Es soll nicht nur schön aussehen, sondern vor allem eine Einladung an den Kindern zum spielen sein. Das bedeutet, dass das verwendete Material , nicht zu schnell kaputt gehen darf. Nach dem spielen  darf der Erzähltisch  ruhig etwas chaotisch aussehen. Es ist wichtig vorher mit den Kindern zu thematisieren, wo genau im Gruppenraum gespielt wird, sonst muss man jedes Mal wieder alles suchen. Kinder können das aber gut lernen und Gegenstände die sie selbst gebastelt haben, haben oftmals einen hoheren Wert für die Kinder und damit gehen sie behutsamer um!   
Mit den gesammelten oder selbst gebastelten Gegenstände wird der Erzähltisch gemeinsam mit den Kindern aufgebaut. Dies’ kann in der grossen Gruppen aber auch in einer Kleingruppe gemacht werden. Es ist ratsam den Erzähltisch nicht mit Gegenstände zu überladen, sodass den Kindern Raum gegeben wird die Geschichte nach zu spielen indem Personagen rennen, schwimmen, springen usw.
 Auf dem Erzähltisch wird die Kulisse (der Hintergrund) in dessen die Geschichte sich abspielt hingestellt z.B. das Meer, der Strand, der Wald oder das Zimmer in einem Haus. Im Vordergrund werden die gesammelten oder gebastelten Gegenstände hinngestellt, die im Buch vorkommen z.B. Möbelstücke, ein Auto, eine Regentonne usw.
Natürlich stellt man auch die Hauptpersonen aus der Geschichte auf dem Erzähltisch.


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